Mittwoch, 9. November

Super, wir haben es pünktlich geschafft, den Prototyp fertigzustellen! So konnte ich total erleichtert und mit ruhigem Gewissen zum Treffen bei der Technologiestiftung gehen. Eingeladen waren die Vertreter der ehemaligen und aktuellen Projekte aus dem „Förderprogramm für digitale Entwicklung im Kulturbereich“.

Seit 2020 - als Corona zu verheerenden Folgen in der Szene führte - vergibt die Senatsverwaltung für Kultur und Europa im Rahmen einer jährlichen Ausschreibung umfangreiche Mittel an Institutionen und Freischaffende, um ihnen „abgegrenzte Vorhaben mit hohem Beispielwert“ zu ermöglichen. Da geht es einerseits um das Sichtbarmachen von technologischem Potential in Kunst und Kultur, andererseits um den Aus- und Aufbau der IT-Kompetenzen der Akteure, also um deren „digitale Selbstbefähigung“. Eine tolle Chance, auf die ich nur durch Zufall gestoßen bin, weil ein Freund mir einen Internetlink zu dem Netzwerk kulturBdigital geschickt hat.

Künstler und Macher mit ganz verschiedenen Backgrounds - von Theatern, Museen, Literatur-, Musik- und Medienvereinen, aus Ateliers und Studios - tauschten sich heute also über ihre konkreten Erfahrungen bei der Umsetzung ihrer Konzepte aus. Spannend. So unterschiedlich die Bedingungen, Wege und Ziele jeweils waren: Einig war man sich darüber, dass es schier undenkbar ist, am Anfang eines solchen Unternehmens sämtliche Eventualitäten vorauszusehen. Unerwartete Hindernisse, Datencrashs aus heiterem Himmel, Riesenchaoseffekte - sogar ohne Schneebälle oder Schmetterlinge ;)

Das hat mich etwas beruhigt. Denn meine Ausstellung ist ein Experiment mit offenem Ausgang. Scheitern eingeschlossen. Im schlimmsten Fall könnte ich mir am Ende zumindest sagen, dass eine Vernissage im virtuellen Raum keine Option für meinen Berufsstand ist. Immerhin habe ich es dann versucht und konnte es völlig ohne Risiko ausloten. Die Gelegenheit - oder vielmehr den Freiraum - dafür bekomme ich eben durch die sechs Monate, in denen ich mich ganz auf dieses Unterfangen einlassen und konzentrieren kann. Danke dafür.

Letztlich hat ja schon die Bewerbung etwas mit mir gemacht, nämlich einen neuen kreativen Prozess in Gang gesetzt: Für den Antrag musste ich die zunächst schwammige Idee ausformulieren. Dazu musste ich mir ein Setting vorstellen und einen Plan machen. Und dafür wiederum musste ich radikal meine Perspektive wechseln, mich viel stärker als früher in die Rolle des Rezipienten hineinversetzen. Mir überlegen, mit welchen Erwartungen Menschen Bilder erleben wollen. Ob ich mit meinen Annahmen richtig liege, werde ich dann am 15. Dezember feststellen.